Abonnenten verloren. Von da an ließ man die Politik vollständig links liegen in der Erkenntnis, daß sie nicht nur den Charakter, sondern auch die Einkünfte verdirbt, und seit jener Zeit sind die "Fliegenden" das, was sie bis heute geblieben sind: ein großes Sammelbecken für gemüthvollen deutschen Humor, der nie verletzt.*)
Die politische Epoche ist aber nichtsdestoweniger eine der interessantesten in der reichen Geschichte der "Fliegenden". Kein Geringerer als Moritz von Schwind stellte damals nebst anderen Künstlern seinen Stift in den Dienst der politischen Satyre. Neben ihm finden wir den prächtigen Dyck, dann den köstlichen C. Spitzweg, dessen Freikorps-Karikaturen geradezu kostbar sind. Ein ergreifendes Zeitbild ist z. B. Dycks "Das neue Lied", wo der deutsche Michel mit dem Teutonenschopf traurig dasitzt, "weil's wieder einmal mit allem nichts gewesen". (1851.)
Adolf Oberländer.
(Nach einem Gemälde von Franz Lenbach.)
Da sitzt er nun und neben ihm liegt am Boden der zerbrochene Reichsapfel, den er so gerne wieder zusammengeschmiedet hätte. Nun, ein Anderer hat die Schmiedearbeit vollbracht und als sie gelungen, da wurden die unpolitischen "Fliegenden" wieder für kurze Zeit politisch und stimmten 1871 in Wort und Bild in den allgemeinen Siegesjubel ein.
In den fünfziger Jahren spielte die Censur den "Fliegenden" übrigens nicht minder arg mit als den Tagesblättern. Konfiskation folgte auf Konfiskation, und das bot den Herausgebern Veranlassung zu einem gelungenen Ulk: die bekannten Figuren auf
*) Wie sehr das Publikum mit dieser neuen Richtung der "Fliegenden" einverstanden, das zeigte am besten das immerwährende Steigen der Abonnentenzahl 1873 waren sie auf 20,000 gekommen, 1882 auf 42,000, 1889 auf 80,000, 1893 auf 95,000, und heute ist die Ziffer 100,000 schon längst überschritten.