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Die protestantische Gemeinde.

Gegenüber der glanzvollen Geschichte der katholischen Gemeinde in München ist die der evangelischen Gemeinde nicht eben freudenreich. Kaum irgendwo anders in deutschen Landen waren die Protestanten größeren Verfolgungen ausgesetzt, als in München und Bayern. Der ganze wirthschaftliche Rückgang dieser Stadt am Ende des sechzehnten Jahrhunderts wurde hauptsächlich dadurch hervorgerufen, daß die wohlhabendsten und arbeitsamsten Bürger als Protestanten in starrer Unduldsamkeit einfach aus München vertrieben wurden. Man ging mit diesem "Freistellen der Auswanderung" oder "Abschwörung des Irrglaubens" da ähnlich vor, wie dies noch in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts unter dem "gütigen" Kaiser Ferdinand in Tirol geschah, wo der fanatische Klerus es mit dem Verlangen nach Erhaltung der "Glaubenseinheit" dahinbrachte, daß die arbeitstüchtigen Gemeinden des Zillerthales auswanderten und (auf Einladung König Wilhelm III.) in Preußisch-Schlesien "Neu-Zillerthal" gründeten.

Wurde nun auch später das Verbot der Seßhaftigkeit für die Protestanten aufgehoben, so war es ihnen doch noch immer verwehrt, das Bürgerrecht und damit Sitz und Stimme im Rathe zu erlangen.

Sie durften kein Gotteshaus besitzen, und das Begräbniß auf den Friedhöfen der Stadt war ihnen verwehrt - sie mußten ihre Todten auf den Ödungen vor dem Sendlingerthore begraben. Erst Karl Theodor hob diese Bestimmung auf und befahl, daß den Protestanten ein eigener Begräbnißplatz eingeräumt werden müsse.

Als der aufgeklärte Max Joseph die Zügel der Regierung ergriff, da war es eine seiner ersten Handlungen,*) daß er den Protestanten ein Gotteshaus gab - die Hofkapelle.

Diese war am 6. April 1800 eingeweiht worden; da sie aber kaum 800 Personen faßte, die evangelische Gemeinde aber schon über 1200 Seelen zählte, so war sie natürlich viel zu klein. Durch allerhöchste Entschließung vom 11. Dezember 1806 wurde daher der Gemeinde die Kirche zu St. Salvator (die gegenwärtige griechische Kirche)**) überlassen, welche bis dahin der Aufbewahrung verschiedener, zur Gemäldegallerie gehöriger Effekten gedient hatte.

Zur Geschichte dieser Kirche sei hier bemerkt, daß der Grund, auf dem sie sich erhebt, zur Entlastung des Friedhofes um "Unserer lieben Frawen" am 19. August 1480 als neuer Friedhof geweiht, woselbst natürlich alsbald sich auch eine Todtenkapelle (Marienkapelle) erhob. Im Jahre 1596 kam als Stiftung Herzog Wilhelms eine neue Kapelle hinzu, welche zur Beisetzung der Georgsritter diente.

An Stelle der Marienkapelle wurde dann als Ersatz für die am Schwabinger Thor (damals wenige Schritte von der jetzigen Feldherrnhalle) gelegene Salvatorkapelle, die einer Befestigung weichen mußte, die jetzige Kirche erbaut und einer allgemeinen Vermuthung zufolge - ein sicherer Beweis läßt sich nicht führen - im Jahre 1499


*) Der "Weinwirt" Michel war der erste Protestant, der unter Max Joseph in München das Bürgerrecht erhielt. Dies aber auch erst dann, nachdem der Kurfürst es dem widerstrebenden Magistrat der Stadt "unter Androhung ergiebiger Strafe" befohlen hatte.

**) Der erste griechische Gottesdienst wurde hier am 18. Dezember 1829 abgehalten.

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