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Das zur Illustrirung der damaligen Verhältnisse sehr charakteristische Schreiben lautet in seinen hauptsächlichsten Punkten:

Oberregisseur Josza Savits.

"Die unterzeichnete Intendanz kann sich nicht verhehlen, daß die Münchner Hofbühne seit einer Reihe von Jahren den deutschen Dramatikern gegenüber in eine isolirte, ja fast entfremdete Stellung gekommen ist. Als Folge dieser Entfremdung muß sie in erster Linie beklagen, daß in direkten Zusendungen bedeutender neuer Originalwerke bis auf ein kaum nennenswerthes Minimum vollständige Ebbe eingetreten ist; in zweiter Linie ist nicht zu verkennen, daß die Münchner Hofbühne in Ermanglung eigener hervorragender Novitäten und in der Nothwendigkeit, solche erst nach ihrer Aufführung auf anderen Bühnen zu acquiriren, dadurch hinsichtlich der maßgebenden Gesichtspunkte bei Annahme neuer Stücke in eine Art moralischer Abhängigkeit von anderen Bühnen gerathen ist.

Eine große, mit reichen Kräften ausgestattete Hofbühne kann aber nur dann Anspruch auf eigene Lebensthätigkeit machen, nur dann Hoffnung hegen, jene hohe Pflicht zu erfüllen, die dramatische Kunst und dramatische Poesie der Gegenwart zu fördern, wenn sie durch beständigen Zufluß von neuen werthvollen Arbeiten in den Stand gesetzt ist, ihr Streben nach eigener Wahl und eigenem Ermessen zu bekunden.

Die unterzeichnete Intendanz hat es bei Übernahme ihres Amtes nicht zum letzten Punkte ihres Programmes gemacht, der Entwickelung es modernen Dramas eine neue Bahn zu erschließen.

Das Drama aber, diese höchste und letzte Frucht der Nationalpoesie, wird nur da gedeihen, wo die Dichter überzeugt sein dürfen, ihren Werken bereitwillige Aufnahme, fördernde Hand und den gewissenhaften Willen der bestmöglichen Darstellung entgegengebracht zu sehen.

Dieses ernsten Willens bewußt und nachdem zur Kompletirung der künstlerischen Kräfte bereits wirksame Schritte gethan, fühlt sich die unterzeichnete Intendanz gedrungen, mit den dramatischen Dichtern wieder in nähere Verbindung zu treten."

Das Schriftstück schließt dann: "Sie dürfen versichert sein, daß Ihre Zusendungen mit lebhafter Theilnahme, mit unparteiischer Beurtheilung, und, im Falle der Annahme, mit energischem Streben, sie würdig in Scene zu setzen, werden angenommen werden."

Dieses Schreiben zeigte, daß in die Räume des Hoftheaters wieder ein Geist eingezogen, der sich der hohen Aufgabe bewußt war, die die Bühne im Leben eines Volkes zu spielen berufen ist. Wenn der positive Erfolg kein größerer war, so lag die Schuld wohl nicht an Perfall, sondern an dem allgemeinen Tiefstand, den die literarische Produktion jener Zeit aufweist. Er selbst griff sofort voll Feuereifer zu, und bis zum

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