330

Über die Mitglieder der damaligen Hofbühne aber liest man die günstigsten Urtheile. Die soziale Stellung derselben war schon eine sehr günstige. Riesbeck z. B. schreibt in seinen "Briefen eines reisenden Franzosen": "Alle Glieder stehn in der Besoldung des Hofes, welcher die Einnahme des Entrées hat. Fast alle sind sehr artige, gebildete Leute, und in Rücksicht auf die Kunst übertreffen sie weit meine Erwartung. Ich wüßte nicht über drei bis vier Theater in Frankreich, die ich dem hiesigen vorzöge. Die Schauspieler genießen den Umgang der größten Leuthe des Hofes und haben also Gelegenheit, sich auszubilden."

Für die geistige Höhe des Grafen Seeau und die Achtung, die er vor seinem Kunstinstitute hatte, ist wohl eine Episode bezeichnend, die sich im Jahre 1798 abspielte. Der Graf hatte mit ein paar Cavalieren gewettet, daß ein Münchner Lohnkutscher in zwölf Stunden den Weg von München nach Augsburg und zurück machen könne. Diese Wette hatte er gewonnen und als der Kutscher Abends zurückkam, war der Graf eben im Theater. Da mußte nun der staubbedeckte Rosselenker sofort mit seinem Gespann auf die Bühne (es war eben Zwischenakt), der Graf ließ den Vorhang aufziehen und stellte persönlich Kutscher und Rosse dem Publikum vor. Dem Kutscher hatte man eine Fahne in die Hand gegeben und die mußte er lustig schwenken. "Das Publikum klatschte und warf dem Knecht bayrische Thaler auf die Bühne; der Kurfürst Karl Theodor wälzte sich in seiner Loge vor Lachen", so erzählt der damalige Hofschauspieler H. Beck.

Es wurde vorhin nur flüchtig erwähnt, daß in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts endlich auch das deutsche Element gegenüber den wälschen Eindringlingen zu seinem Rechte kommen konnte.

Es bezog sich das allerdings mehr auf deutsche Oper und Musik überhaupt. Ein deutsches Schauspiel war ja damals erst im Entstehen begriffen, und diese regelrechte deutsche Komödie hatte ja nicht nur gegen die wälsche Oper und das französische Theater anzukämpfen, die den Gebildeten der damaligen Zeit anzogen, sondern gegen den ganzen verrohten Geschmack des Publikums selbst, das in seiner Überzahl sich an den Blödsinnigkeiten des Hanswursts oder "Lipperls" und den "Stegreifkomödien" ergötzte.

Die Zustände bei diesen "deutschen Schauspielern" waren aber so traurige, daß man sich heute kaum mehr einen Begriff davon machen kann. Einer unserer berühmtesten Chronisten schreibt über jene traurige Epoche deutscher Schauspielkunst: "Von Stadt zu Stadt herumziehende Truppen, zusammengesetzt aus Leuten, die auf irgend eine Weise Schiffbruch im Leben gelitten haben und bei der Bühne die letzte Zuflucht ihres Daseins fanden, spielten meist nur auf Effekt berechnete Stücke, zum größten Theile extemporirt, für feiner angelegte Naturen unverdaulich; Stücke, die jeder Regel der Kunst trotzten, in Bau und Entwicklung unnatürlich, von Zoten und Gemeinheiten überfließend. Unter den deutschen Schauspielern fehlte jedes höhere ideale Streben; die volle oder leere Kasse, das war die einzige Richtschnur für die Wahl der Stücke. Die Schauspieler selber flickten sich aus französischen, italienischen, spanischen, deutschen

Diese Funktion nutzt Cookies. Verwenden Sie Lesezeichen nur, wenn Sie mit dem Setzen von Cookies einverstanden sind!

Diese Funktion nutzt Cookies. Verwenden Sie die Suche nur, wenn Sie mit dem Setzen von Cookies einverstanden sind!

Gerne können Sie die Bilder dieses Buches für Ihre eigene Website verwenden. Wählen Sie unten die gewünschten Bilder aus und Sie bekommen qualitativ hochwertige Scans per E-Mail zugesendet. Alles kostenlos, aber mit der freundlichen Bitte um einen Backlink.