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geräumige Kollegium nebenan baute, zu dem am 18. April 1583 der Grundstein gelegt wurde. Sieben Jahre hatte der Bau gedauert, der ganz auf Kosten des Herzogs ausgeführt wurde, als am 4. Mai 1590 der herzogliche Baumeister Sustris (ein Protestant, der daher mit dem Kirchenbaue eigentlich nichts zu thun hatte) bemerkte, daß sich der Thurm der Kirche zu senken beginne.

In einem älteren Berichte heißt es darüber:

"Er zeigte es an, ein Rath wurde zusammengerufen, um zu untersuchen; man fand nichts und bedeutete dem Akatholiken, er möchte sich um solche Dinge nicht bekümmern. Nach einigen Tagen zeigte sich ein ungeheurer Riß von oben herab und der Thurm stürzte am 10. Mai Morgens 8 Uhr ein und zerschmetterte auch einen Theil der nahestehenden Häuser. Dieses gab Veranlassung, daß der Herzog an die Kirche, nachdem der erste Baumeister Wolfgang Müller gestorben, durch Andre Gundelfinger ein 34 Fuß langes und 54 Fuß breites, mit Kupfer gedecktes und großen Fenstern geschmücktes Chor anfügen und die Kirche vergrößern ließ.

Am 29. September 1591 wurde die Kirche feierlich eingeweiht; unter den vielen Reliquien, die von Rom aus zur Verehrung eingeschickt wurden, fand sich auch ein Zahn des hl. Ignatius von Loyola.

Im Jahre 1597 stand endlich die Kirche mit dem Kollegiumsgebäude vollendet da; dankbar erhob der Papst den Sohn Wilhelms, Philipp, der schon im dritten Jahre seines Alters zum Fürstbischofe von Regensburg befördert worden, zum Kardinal, worüber in München eine große Feierlichkeit veranstaltet wurde, als ein päpstlicher Kämmerling den rothen Hut und die übrigen Kardinals-Insignien überbrachte; am 6. Juli 1579 wurde die Hauptkirchweihe der Jesuitenkirche gefeiert, wobei vierundzwanzig geladene Fürsten und viele Äbte und Prälaten Bayerns erschienen. Am vierten Tage stellten die Jesuiten ein prächtiges Singspiel unter freiem Himmel dar: "Der Kampf des Erzengels Michael mit dreihundert Teufeln".

Das Ansehen und die Macht der Jesuiten über die Herzen des Volkes und des Fürsten konnten kaum mehr größer werden; man drängte sich in die marianische Bruderschaft, daß diese in die größere, welche nur Adelige, Beamte und Studierende der höheren Klassen zählte, und die kleinere oder niedere zerfiel, welche die Bürger und die Gymnasialschüler umfaßte. Im Jahre 1710 vereinigten sich die Bürger selbst wieder in eine eigene Kongregation und trennten sie von der sogenannten lateinischen, und man erkaufte zum Bau des Bürgersaales oder Bet- und Versammlungssaales dieser bürgerlichen Kongregation neben dem Kollegium einige Häuser; die Zahl der ersten Bürger, die sich hier versammelten, waren 1020.

Die Schulen der Jesuiten in München waren zahlreich besucht; Wilhelms jüngster Sohn, Albert, der als Kind die Jesuitenkleidung trug, besuchte dieselbe und hielt bei seinem Austritte eine öffentliche Disputation. Die Jesuiten führten bei ihren Schülern die monatliche Beicht ein, sie zuerst schlossen das Schuljahr mit einer Komödie und einer feierlichen Preisevertheilung unter Trompeten- und Paukenschall.

Schon im Jahre 1574 war zu dem Kollegium noch ein besonderes Seminar zur Erziehung armer Knaben und Kostgänger beigegeben worden mit vielen Freiplätzen. Jeder Zögling, der eintreten wollte, mußte schon einer Gattung Musik kundig sein

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