brachte nämlich beinahe alle Gestalten der Bibel leibhaftig zur Anschauung, so daß die Aufzüge natürlicherweise stark opernhaft in ihrer Ausstattung wirkten. Über die Gestalt des Gott Vaters heißt es da weiter: "Er muß einen stetigen Gang an sich nehmen, wenig umsehen und nicht sauer, noch lächerlich, sondern fein sittsam aussehen." - "In Ansehung der Person Christi muß man vierzehn Tage zuvor auf den Straßen, in den Kirchen u. s. w. fleißig Obacht haben, um Personen zu ersehen von gehöriger Manneslänge, nicht zu dick, von guter, gesunder Farbe, wohlgebildetem, länglichtem Antlitz, ohne unförmliche Nasen, Schielen und Zahnlücken, von feinen Physiognomien, nicht langen grauen, sondern ziemlich kurzen kastanienbraunen oder doch etwas lichteren Bärten mit zween Spitzen, auch sonst am Leibe nicht tadelhaftig, insonderheit aber sittsam und gottesfürchtig." Die Zahl der im Zuge vorhandenen Marien betrug meistens sechzehn, die Schönste kam zuletzt, fuhr auf Gewölk und setzte ihren Fuß auf einen Mond. Den hl. Georg mußte der "schönste und stärkste Mann" der Stadt darstellen. Er hatte den Lindwurm "stark und richtig zu durchbohren, daß die darin verborgene riesige Blutwurst das zuschauende Frauenzimmer selbst in den zweiten Häuserstöcken und alles Volk unter allgemeinem Hin- und Herflüchten und Gelächter mit dunklem Blute übergöße".
Neben Adam und Eva ("scheinbar nackt"), fehlten aber auch die Götter des Olymps nicht.
Die Kosten für einen derart großartig ausgestatteten Zug waren keine geringen. Meist bestritt sie der Hof. Aus noch vorhandenen Rechnungen ist zu ersehen, daß 1582 der Frohnleichnamszug 797 Gulden kostete; im Jahre 1586 aber kam er gar auf 1297 Gulden zu stehen.
Neben der Frohnleichnamsprozession war der Umzug zu Ehren des Münchener Stadtpatrons, des hl. Benno, stets von besonderer Pracht. Die vielen Reliquien der Kirchen und Klöster zogen auch stets eine große Zahl von Prozessionen und Wallfahrern in die Stadt. Die von Maximilian I. errichtete Mariensäule auf dem Hauptplatze der Stadt erlangte bald großen Ruf als Gnadenbild und zu ihr zogen Jahr aus Jahr ein zahllose Prozessionen, geführt von den Geistlichen aus näherer und weiterer Entfernung.
Auf das kirchliche Leben selbst und die strenge Einhaltung der kirchlichen Vorschriften übten jedoch nicht nur die Priester ihren Einfluß, sondern - namentlich seit dem frommen Wilhelm V. und seinem nicht minder glaubenseifrigen Sohn Maximilian I. - es wurde auch von Seite der Staatsbehörden strenge darauf gesehen, daß jene Vorschriften eingehalten wurden und unter Umständen sogar mit Strafen vorgegangen. "Das galt u. A. namentlich vom Fastengebote. Bis zum Jahre 1480 aß man die ganze Fastenzeit hindurch blos in Öl zubereitete Speisen. Erst in diesem Jahre erhielt Herzog Albrecht IV. vom Papst Sixtus IV., in Erwägung, daß in und um München keine Ölbäume wachsen, die Befreiung von Ölspeisen; und auch nachher war der Genuß von Fleischspeisen ausgeschlossen, worüber die Polizei mit Strenge wachte. So wurden im Jahre 1585 von den Richtersknechten einige Häuser zu München des Fleischessens halber an Fasttagen visitirt. Noch drastischer ist ein Beispiel aus der Zeit des hochgebildeten und aufgeklärten Kurfürsten Karl Theodor. Als Adam Weis-