174

teilnehmen durften. Diese fidelen Mahlzeiten verschlangen dann meist den letzten Rest der Baarschaft und die neuen Kämmerer brauchten sich mit einem Saldovortrag nicht zu beschweren. Es hieß dann einfach am Schlusse der Rechnungen: "Residuum consumtum est in prandio", d. h. der Rest wurde beim Mahle verzehrt.

Bis hinein in das 17. Jahrhundert dauerte diese fidele Sitte und erst in den Wirren und Schrecknissen des dreißigjährigen Krieges fanden sie ihr Ende.

Aber nicht nur die Väter der Stadt versammelten sich zu Berathungen im großen Saale, sondern auch die Landstände tagten dort, bis für diese gegen Ende des 16. Jahrhunderts auf dem Marienplatze ein Haus erworben wurde, das als "Regierungsgebäude" bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts bestand und endlich dem Bau des neuen Rathhauses Platz machen mußte.

Auch die Mitglieder der Bürgerwehr fanden sich wöchentlich im großen Rathssaale zum - Exerziren ein. *)

Aber nicht nur ernsten Zwecken diente das Haus und der Saal. Der prachtvolle Riesenraum war ja wie geschaffen zur Entfaltung großen Pompes bei den Hochzeiten der bayerischen Herzöge oder reichen Patrizier. Es gab damals soviel Bälle, Tafeln und "allerlei Spektakel", dann Theater- und Concertaufführungen, daß der Saal eine Zeit lang in den Kammerrechunngen als Tanz- oder Spektakelhaus bezeichnet wird. Auch Redouten gab es drinnen. Die erste veranstaltete laut Kammerrechunng ein Herr von Duclos im Jahre 1716. Ein großer Freiball fand im Jahre 1789 statt, den die Münchner Stadtgemeinde aus Anlaß der Rückkehr des Kurfürsten Carl Theodor veranstaltete.

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts fanden wieder mannigfache Theatervorstellungen in französischer Sprache statt, veranstaltet von Mitgliedern des Adels zu Gunsten der Stadtarmen. ....

Und wer doch aller schon von den hohen Fenstern des Rathhauses herabgeblickt auf die verschiedenen "Spektakel", die unten auf dem Marienplatze veranstaltet wurden: Turniere, Volksbelustigungen, Hinrichtungen, Festzüge, wie es der Lauf der Zeit eben


*) Wie schon vorhin bei der Geschichte der Zünfte erwähnt worden, lösten sich die wehrhaften Rotten der Zünftler mit der Einführung der stehenden Heere nach und nach auf. Die aus den Zunftvereinigungen dann hervorgehende Bürgermiliz büßte natürlich mit der fortschreitenden Ausgestaltung des Heerwesens auch ihre Bedeutung vollkommen ein, und es wurden daraus Korporationen, die ob ihrer "Soldatenspielerei" sehr viel zu Spott herausforderten. Regnet sagt freilich, daß die Münchener nichtsdestoweniger auf ihre Bürgermiliz sehr stolz waren.

Sie bestand aus Infanterie, Kavallerie und Artillerie. Das Infanterie-Regiment, etwa 1000 Mann stark, trug um 1782 blaue Röcke mit schwarzen Aufschlägen, gelbe Westen, schwarze Beinkleider und weiße Gamaschen mit gelben Knöpfen und als Waffen Degen und Flinte. Das 150-200 Mann starke Artilleriekorps hatte goldbortirte Hüte, blaugraue Röcke und rothe Westen.

Den Glanzpunkt der Bürgermiliz aber bildete unbestritten die über 200 Mann starke Reiterkompagnie. Ein silberbortirter Hut, ein gelblederner Rock mit silbernen Borten und blausammtenen Aufschlägen, eine blaue Tuchweste und gelbe Beinkleider, ferner ein blausammtenes, mit Silberborten besetztes Bandelier, welches das Gewehr festhielt, und ein langer breiter Degen gaben dem Reiter ein gar stattliches Ansehen.

Weiter gab es bürgerliche Trabanten, welche bei besonderen Feierlichkeiten Dienst thaten, und eine Kompagnie Schaarwache in alter Rüstung, bestehend aus eisernem Brustharnisch, einer Pickelhaube, einem langen Schwert und einem noch längeren Spieß. Sie verrichtete gemeine Zivildienste als Nachtwächter etc. (Jeder neu aufgenommene Bürger bekam sein Gewehr in's Haus gebracht und während des Sommers wurden sämmtliche Mitglieder der Bürgermilizen abwechselnd an den Sonntagen in den Waffen geübt.)

Diese Funktion nutzt Cookies. Verwenden Sie Lesezeichen nur, wenn Sie mit dem Setzen von Cookies einverstanden sind!

Diese Funktion nutzt Cookies. Verwenden Sie die Suche nur, wenn Sie mit dem Setzen von Cookies einverstanden sind!

Gerne können Sie die Bilder dieses Buches für Ihre eigene Website verwenden. Wählen Sie unten die gewünschten Bilder aus und Sie bekommen qualitativ hochwertige Scans per E-Mail zugesendet. Alles kostenlos, aber mit der freundlichen Bitte um einen Backlink.

Diese Seite enthält keine Bilder!