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bei der Veräußerung eines Gemeindegutes an die Landesherrschaft. Die Gemeinderechnung wurde von einem besonderen Ausschusse des Rathes geprüft, der Gemeinde blos der Betrag der Schulden der Stadt eröffnet und deren Zustimmung über die Art ihrer Tilgung erholt.

So ward die neue Gemeindeverfassung nach kräftigen Zügen entworfen und gehandhabt, und die Bürger lebten fortan in Frieden und Eintracht. Der Rath war die einzige öffentliche Behörde der Stadt, ihr bürgerlicher und peinlicher Gerichtshof, ihre Polizei und Finanzstelle; er vereinigte die gesetzgebende mit der vollziehenden Gewalt; er bildete die höchste Berufungsstelle für die Stadt; er verwaltete das Vermögen und die Stiftungen der Gemeinde, erhob und verwendete die jährliche Steuer, ertheilte und entzog das Bürgerrecht, erkannte innerhalb des Burgfriedens über Eigenthum, Leben und Tod, konnte auch außerhalb des Burgfriedens durch seine Pfändmeister die Schuldenforderungen seiner Bürger betreiben und schädliche Leute überall in der Umgegend einfangen und nach München führen und dort nach dem Rechte "überwinden" lassen. Der Rath schickte seine Abgeordneten in die Landschaft, verfügte über die bewaffnete Macht der Stadt, die aus zwölf Hauptleuten, zwei Ober- und acht Unterschützenmeistern der Schützen der Armbrust, nachmals auch "der Püchsen", dann eigenen Scharwachten, Thorsperrern, Thürmern und Pfeifern bestand. Der Rath hatte das Recht, Bündnisse zu schließen, der Stadt Rechte und Freiheiten zu schirmen.

Die Räthe bezogen keine Besoldungen, mußten vielmehr selbst manche Ausgaben aus ihrem Säckel bestreiten: das Amt war ein Ehren- und Pflichtamt, deßwegen wurden sie meist aus den edlen und reichen Familien gewählt und stets wieder erkoren, wenn sie Geschäftskenntniß und das Zutrauen der Bürgerschaft und der Herzoge einmal erlangt hatten, und diese mahnten den Rath oft, die alten wiedergewählten Männer nicht mit vielen Geschäften zu beladen.

Wie einfach Sitte und Weise war, das kann man daraus entnehmen, weil der Magistrat während seiner Sitzungen nur auf hölzernen Bänken saß; erst im Jahre 1426 wurden Polster für die Bänke der inneren Räthe angeschafft; das verdroß die äußeren, sie setzten sich auf jene Bänke, daß man auch für sie Polster besorgen ließ. Alle Verhandlungen wurden mündlich abgemacht, man findet keine Spur, daß die Magistratsräthe bei ihrer wichtigen Beschäftigung auch nur eine Zeile geschrieben. Im Jahre 1424 wurden sieben Buch Papier gekauft, diese "vernützte" man auf dem Rathhause und in der Kammer. - Häufig geschah es, daß Räthe nach anderen Orten abgesendet wurden, um die Geschäfte persönlich und mündlich zu besorgen.

Von diesen Zeiten an entwickelte sich auf Jahrhunderte hinaus das denkbar beste Verhältnis zwischen der Münchener Bürgerschaft und den regierenden Herzogen. Eine Periode stiller innerer Entwicklung kann man die folgende Zeit nennen, trotzdem die Münchner sehr oft in blutigen Fehden ihren Herzogen treu zur Seite standen. Gerade das in diesen Kämpfen vergossene Blut wurde der beste Kitt zwischen dem Volke und dem Herrscherhause.

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