Das Jahr 1403 brachte also endlich München und den Münchnern Frieden und Ruhe nach langer aufregungsvoller Zeit. - Dieses Jahr ist übrigens auch noch aus einem anderen Grunde in der Geschichte der Stadt von größter Wichtigkeit, weil es nebst der kriegerischen auch eine friedliche Umwälzung im Innern, nämlich eine Neuordnung der städtischen Verfassung brachte, die in ihrer Hauptsache bis zur ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Kraft blieb.*)
Vor Allem durften an den Verwaltungsgeschäften nur jene Bürger von München theilnehmen, die "Haus und Hof in der Stadt besaßen oder zu mindest ½ Pfd. Pfennig jährlich steuerten".
Über die innere Organisation des Rathes etc. berichtet Söltl in seinem heute sehr selten gewordenen Buche über München kurz und prägnant Folgendes: Alljährlich wurde der Magistrat gewählt, so: der innere Rath ernannte am Schlusse des Jahres einen Wähler aus dem äußeren Rathe und einen aus der Gemeinde; der äußere Rath dagegen einen aus dem inneren. Diese drei Wähler wurden beeidigt und mußten gleich nach ihrer Ernennung unabgegangen von dem Hause und noch vor Essens die zwölf inneren Räthe für das nächste Jahr wählen. Dem Herzoge blieb das Recht der Bestätigung. Aus einer dem Wahlbriefe vom Jahre 1485 beigefügten Bemerkung aus der herzoglichen Kanzlei geht hervor, daß der Herzog das Recht hatte, einen oder zwei des inneren Rathes zu verwerfen und Andere zu setzen, was auch wirklich manchmal geschah.
Die Gewählten begaben sich in die Burg und schwuren dem Herzoge die Huldigung; darauf gingen sie auf das Rathhaus und wählten die vierundzwanzig äußeren Räthe; dann wurden die wählbaren Bürger der Stadt - die Gemein - in den großen Rathhaussaal vor den Rath berufen; der äußere Rath schwur denselben Eid dem inneren Rathe, den dieser vor dem Herzoge geleistet; die Gemeinde aber, daß sie zu dem, was der innere und äußere Rath beschließt, treulich wolle rathen und helfen, daß es also bestehe und nicht hintertrieben werde. Die inneren Räthe versahen abwechselnd nach dem Alter das Bürgermeisteramt, der zweite Bürgermeister wurde aus der Mitte der äußeren Räthe gewählt. Die Vertretung der Gemeinde durch Bevollmächtigte war aufgehoben, die Redner abgethan; der Rat berief die Gemeinde so oft er es für nothwendig fand. Die erste Gemeindeversammlung fand am Anfange eines jeden Jahres statt, bei welcher die Bürger dem neugewählten Magistrate Gehorsam, und alle zusammen die genaue Befolgung der Gemeindeordnung schwuren, deßwegen mußten alle Bürger ohne Ausnahme erscheinen. Die Vorladungen der Bürger geschahen durch die Frohnboten, welchen der Magistrat Mäntel und rothe Hüte machen ließ. Diese städtischen Diener hatten ihren bestimmten Lohn und wurden auch sonst öfter unterstützt. Die Zustimmung der Gemeinde war aber nöthig: bei Erhebung einer Steuer; bei Absendung des Bürgermilitärs zu einem Kriege; bei Übernahme neuer ewiger Lasten auf die Gemeindekasse; bei außerordentlichen Ausgaben über zehn Pfund und
*) Nach Wiedereinzug der Herzoge Ernst und Wilhelm hatten auch die Patrizier bald wieder ihren alten Einfluß in der Stadtverwaltung gewonnen. Die "Bösen" mußten abtreten und die Kassaverwalter wurden zur Verantwortung gezogen, da sie recht arg gewirthschaftet hatten. Sie wurden zu Ersatz und außerdem noch zu Geld- und Gefängnißstrafen verurtheilt. Die dringend nöthige neue Organisation der städtischen Verfassung wurde dann "am Dienstag vor St. Bartholomä 1403" (21. Aug.) von den Herzogen im sogenannten "Wahlbrief" bestätigt.