Gegen Ende des 14. Jahrhunderts aber hatten sich die Gegensätze natürlich noch mehr zugespitzt. Verschwendung und Herrschsucht der Patrizier hatten nur zugenommen.
Zwar hatten die Bestrebungen der Gemeinde, Theil an der Gemeindeherrschaft zu bekommen, einen gewissen Erfolg, denn es wurden im Jahre 1396 dem Rathe sogen. 300 Geschworene aus der "Gemein" beigegeben. Freilich waren die Befugnisse dieser Geschworenen vorerst recht werthlose, denn sie hatten nicht einmal das Recht, einen Redner aus ihrer Mitte zu wählen, der die Ansichten dieser im vollsten Sinne des Wortes "Volkspartei" in den Sitzungen vertreten konnte.
Im Jahre 1397 begann die Gährung in der Stadt ihren Höhepunkt zu erreichen.
Der langjährige Druck erzeugte nun den mächtigsten Gegendruck Ununterbrochen gab es Zusammenrottungen. In den Wirthschaften wurden flammende Reden gehalten. In der herrschenden Klasse der Patrizier begann es mächtig schwül zu werden. Wie das immer so war, wollte man jetzt, wo es zu spät war, abwiegeln und mit halben Maßregeln heilen.
Vor Allem wurde die Forderung der 300 angenommen, zwei eigene Redner aufstellen zu dürfen. Als solche wurden gewählt die Bürger Poschl und Chrel. Das müssen recht mundfertige Herren gewesen sein, die den Patriziern mit ihren scharfen Zungen gar mächtig zu Leibe rückten.
Sofort traten sie vor den inneren Rath, erklärten, in der Bevölkerung verlange man zu wissen, was mit dem städtischen Geld und Gut in den letzten sieben Jahren geschehen sei; würde man die Rechnungslegung verweigern, sei anzunehmen, daß dasselbe "vergeudet und verthan" worden sei.
Unter den "Aufrührern" gegen die bisherige Rathsgewalt befanden sich auch schon mehrere Männer, die früher selbst im Rathe der Patrizier gesessen, aber, als die Wirren losgingen, sich als Männer von Herz auf die Seite des Volkes stellten. Darunter muß namentlich der frühere Bürgermeister von München, Georg Katzmair, erwähnt werden, der sich um die so nöthige Erhaltung des Friedens in der Stadt die größten Verdienste erwarb.
Dem Drängen des immer ungestümer auftretenden Volkes konnte der Rath nicht lange widerstehen. Zwar hatte er sich Anfangs stark geweigert, die Rechnungen und Bücher herauszugeben, aber endlich mußte er doch willfahren. Nun freilich war das Ergebniß der Prüfung nicht so, wie die Vertreter des Volkes erwartet haben mochten, denn Ausgaben und Einnahmen zeigten keinerlei Differenz.
Natürlich konnte das nicht genügen, aber die "Aufrührerischen" waren eben zu wenig erfahren in Dingen der städtischen Verwaltung.
Als Katzmair eben damals gesetzmäßig von seiner Stelle abtrat, kam als Ersatz für ihn ein besonders schneidiges Mitglied des "Rathes der Bösen" - wie man die 300 von patrizischer Seite hieß - an die Spitze der Aufrührerischen. Nun gab es kein Zurück mehr. Der Rath mußte erklären, Alles in öffentlicher Sitzung den 300 vorzutragen und endlich reinen Wein einzuschenken.
Am Sonntag nach Ostern des Jahres 1398 sollte diese große klärende Sitzung stattfinden, aber anstatt Ruhe und Ordnung herrschte gleich von Anbeginn wüstes