um die Verwesung zu beschleunigen, von dichten Kalkschichten überzogen waren. Diese Leiche war ohne alle Bekleidung. Der Sarg, in welchem sie eingebettet lag, war aus Fichtenholz und noch ganz gut erhalten und mag derselbe vor anderthalbhundert Jahren gefertigt worden sein; alle übrigen Särge dagegen waren gänzlich vermodert. Der in dem vollständig erhaltenen Sarge befindliche Leichnam mußte einbalsamirt oder sonstwie konservirt worden sein und deutet seinem gegenwärtigen Zustande nach auf ein Alter von 500 Jahren oder darüber. Der Kontrast zwischen der Beschaffenheit des Leichnams und dem viele Jahrhunderte jüngeren Sarge ist ein höchst auffallender - merkwürdiger.
Ich kam auch auf eine Gruft, welche schon beim Beginne des Klosterbaues für den Stifter desselben oder eine andere Fürstensperson bestimmt sein mochte. Dieselbe war gänzlich leer: an deren Boden lagerten sich Asche mit Kohlenstaub vermengt. Zu dieser Gruft führten zwei eiserne Thüren, welche einst gewaltsam gesprengt worden zu sein schienen, weil deren Kegel aus den Mauern herausgerissen waren.
Nach Aussagen von Sachverständigen ist die Ähnlichkeit der Gesichtszüge des im Sarge ruhenden Leichnams mit den vorhandenen Porträten des Kaisers Ludwig des Bayern eine frappante. Seine Rechte umfaßte ein hölzernes Kreuz, in welches die Jahreszahl 1712 eingeschnitten war. Dieser letztere Umstand erregte die ganz besondere Aufmerksamkeit meines Assistenten, welcher das Todtenbuch der Augustiner entdeckte und sofort die unter dieser Jahreszahl eingetragene Leiche aufsuchte. Hier stand der unter'm 6. Juni 1712 verstorbene Klosterrichter von Scheyern, Franz Hammerthaler, verzeichnet. Schon der Name "Scheyern" erweckte ahnungsvolle Gedanken in unserer Seele.
Unter dem Eindrucke des bestehenden Kontrastes zwischen dem hohen Alter der Leiche und der vorgefundenen Attribute viel späteren Datums kam sofort eine Konjektur zu Stande, welche zur Bestätigung des bisher Erwähnten dienen soll.
Es war am 15. Mai 1705, daß der siegende Feind Bayerns Hauptstadt in Besitz nahm. Um dieselbe Zeit kehrte der auf sein Amt resignirte Klosterrichter von Scheyern, Franz Hammerthaler, aus einer angesehenen Bürgerfamilie stammend, nach München, seiner Vaterstadt, zurück. Derselbe, ein welt- und menschenkundiger Mann, war eine bei den Vorständen und Vätern des Gotteshauses durch seine Familie, welche sich schon vor Zeiten her bei den Augustinern verdient gemacht, hochgeschätzte Persönlichkeit.
Der aus einer altehrwürdigen Patrizierfamilie stammende Provinzial, ein höchst begabter und thatkräftiger Mann, Johannes Inninger, und der Prior des Klosters hielten viel auf die klugen Rathschläge, welche der erfahrene Mann in den schwierigsten Fällen zu ertheilen wußte. Allerwärts wurden nun geheime Zusammenkünfte gehalten, weil man von dem Erbfeinde des Wittelsbacher Hauses das Schlimmste gewärtigen konnte. Der seinem Fürstenhause bis in den Tod ergebene Bayer durfte selbst kaum seines ruhmvollen Namens erwähnen. Ja, die blinde Wuth des Feindes wollte nicht einmal dulden, daß Bayern einst einen König gehabt, er durchwühlte die Grüfte, um desselben wenigstens als Leiche habhaft zu werden. Man war gleich besorgt, wie um das Schicksal der Stadt, so des Klosters. Das damalige Augustinerkloster barg in