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In einer Brochure: "Die Grabstätte des Kaisers Ludwig des Bayern"*) legte Faßl das Resultat seiner Nachforschungen dar, die manches Interessante, aber auch nichts absolut Gewisses zu Tage förderten.

Mit Hilfe eines Assistenten und mehrerer Arbeiter war er Wochen lang beschäftigt, die halbverschütteten Grüfte der ehemaligen Augustinerkirche zu untersuchen.

Er schreibt darüber u. A.:

"Es geschah vorerst eine Inspektion der unterirdischen Gewölbe, um einen Eingang in die Grüfte zu finden. Durch Anklopfen an die Mauern, welche dumpfe Töne wiedergaben, kamen wir auf das Vorhandensein von zugemauerten Gewölben. Nach Durchschlagung mehrerer solcher Gruftgewölbe trafen wir die ersten Leichen. Von diesem Funde machte ich zugleich dem Pfarr- wie dem Zollamte Anzeige. Auf meine Erklärung, im Interesse der Forschung sämmtliche Grüfte öffnen zu müssen, bekam ich einen ministeriellen Erlaß des Inhalts, daß ich sämmtliche Gebeine in mehreren großen Särgen sammeln, auf den Leichenacker transferieren lassen müsse und dann meine Arbeit fortsetzen könne. Das Pfarramt konnte sich aber mit dem Magistrat nicht verständigen, weßhalb die Gebeine nicht auf den allgemeinen Leichenacker geschafft, sondern in einer Gruft der Frauenkirche beigesetzt wurden.

Da ich keinen Situationsplan hatte, so mußten aufs Geratewohl die unterirdischen Grundmauern beim Hochaltar bloßgelegt werden, um weitere Nachforschungen anstellen zu können, weil die Hindernisse darin bestanden, daß bei Übernahme der Kirche an den Staat sämmtliche oberen Gewölbe eingeschlagen und mit Urbau ausgefüllt wurden, um das Niveau mit der Kirche herzustellen.

In dem herausgearbeiteten Schutte lagen ganze Kadaver sammt ihren Särgen.

Fünfzehn Schuh tief mußte gegraben werden, um das Mosaik-Pflaster der Gruft zu erreichen. Die Masse des Schuttes mußte immer wieder eingefüllt werden, weil sie nicht weitergeschafft werden konnte.

Bei weiterer Nachforschung fand ich in einem finsteren Seitengewölbe der Kirche ein Freskogemälde mit Inschrift, etwa aus dem XVI. Jahrhundert, die Himmelfahrt Mariens vorstellend, völlig übertüncht, die Füll'sche Gruft und eine leere Gruft, welche für den Stifter des Klosters oder eine andere Fürstensperson errichtet sein mochte. Unter der Orgel fand ich wieder mehrere Grüfte mit Leichen. Unter den Fundgegenständen befanden sich Rosenkränze, Medaillen und Amuletten von edlem und unedlem Metalle, Sterbkreuze von Holz, Metall und Elfenbein, Schuhschnallen, Gürtelschnallen, Knöpfe von edlem (silberne) und unedlem Metalle, ein goldener Ring in Email, Degen und Sporen, Kleidungsstücke von Leinen, Sammt, Seide und Plüsch, Ledergegenstände, als: Sandalen und Schuhe (ein paar Schuhe zusammengebunden), Kutten von Wolle und noch andere Gegenstände.

Ich habe bei meinen Ausgrabungen in der ehemaligen Augustinerklosterkirche, welche Anfangs Juli begannen und Anfangs Oktober ihren vorläufigen Abschluß fanden, etwa dritthalbhundert Leichen zu Tage gefördert. Unter allen diesen fand ich eine mir ganz besonders auffallende, da sie keinen Kalküberguß hatte, während alle übrigen,


*) Im Buchhandel nicht mehr erhältlich.

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