Es sind also hier 11 Räthe und 13 Mitglieder der "Gemayn" angeführt. Wahrscheinlich ist, daß sich die Rathsverfassung eben dahin geändert hat, daß den eigentlichen Stadträthen Mitglieder der Gemeinde als sogenannter "äußerer Rat" an die Seite gegeben worden sind. Die zwölf Stadträthe hatten die Verpflichtung, alljährlich dem Landesherrn den Eid der Treue zu leisten respektive zu erneuern.
Ein interessanter Kupferstich, der nach einem uralten Gemälde auf Pergament hergestellt ist (enthalten in Bergmanns "Beurk.-Geschichte" 1783), zeigt uns diese Huldigung der Stadtvertretung vor Kaiser Ludwig dem Bayer.
Aber selbst zu jener Zeit, da schon ein eigener Stadtrath in München bestand, wurde der Stadtrichter stets vom Herzoge ernannt; diese hießen auch fürstliche oder herzogliche Richter. Erst Herzog Rudolph, der Sohn Ludwigs des Strengen, verlieh im Jahre 1294 der Stadt München das Recht, einen eigenen Richter aufzustellen, d. h. es sollte kein anderer mit dieser Würde bekleidet werden, als der auch die Zustimmung des Stadtrathes und der Gemeinde fände.*)
Diese wichtige Urkunde befindet sich noch heute wohlerhalten im städtischen Archive; sie zeigt das Datum: "München den nächsten Sonntag vor St. Johannes Tag zu Subendten im besagt 1294. Jahr."
Mit dieser Urkunde wurde auch gleichzeitig die richterliche Gewalt genau abgegrenzt und außerdem eine neue verbesserte Steuerordnung gegeben.
Auch mannigfache civilgerichtliche Bestimmungen von großer Wichtigkeit wurden darin aufgestellt, so z. B. daß keine Bürgschaft, die der Mann bei Lebzeiten eingegangen, die Wittwe oder seine Erben binden könne, wenn dieselben nicht vorher ausdrücklich ihre Einwilligung gegeben hätten.
Auch die früher in den Städten giltige Verordnung, daß kein Bürger über seine Güter testamentarisch verfügen dürfe, wurde in jener Urkunde Herzog Rudolphs aufgehoben und den Münchnern das Recht ertheilt, "ohne Jemands Hinderniß Testamente zu machen".
Auch das für die Bewohner der Stadt sehr wichtige "Pfändungsrecht" wurde bestätigt und mit ihm der "Pfendter" (Pfändermeister). Dieses Pfändungsrecht schützte die Bürger vor mannigfachen Übergriffen von außen. Der städtische Pfändermeister aber konnte auf Grund einer Weisung des Stadtrichters die außenstehenden Forderungen der Bürger auf dem Lande eintreiben. Es heißt darüber in der Urkunde:
"Es habent auch die Bürger die Genad, vnd das Recht von vns, als sye es von vnnseren Vorderen hero gehabt haben, das sye ainen Pfendter habend von der Statt, wenn er pfendten soll, den soll er mit sogethaner Beschaidenheit pfendten etc."
Im Jahre 1298 ging Herzog Rudolph in dieser Sache sogar noch weiter, denn er ertheilte den Bürgern "die Freyheit, daß dieselben auch kein fürstlicher Beamter pfänden dürfe". Sechs Jahre später erhielt das Gesetz eine neue Erweiterung, indem sie auch gegen "von Landherrschafts wegen" vorzunehmende Pfändungen in obigem Sinne geschützt wurden.
*) Im Münchener Stadtarchiv befindet sich ein altes Verzeichniß der Stadtoberrichter. Es beginnt im Jahre 1298, und als erster wird Albrecht Muracher aufgeführt.