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die mittelalterliche Welt umwandelte. Äußerlich waren auch die Städte nichts Anderes als kleine Gebietsherrschaften, welche selbstsüchtig nach möglichst viel Besitz und Vorrecht trachteten - ihrem ganzen Wesen nach waren sie die Träger des neuen politischen Gedankens, dessen schöpferische Macht sich in den drei Forderungen zuspitzte: daß das Land nicht in lauter Baronien zersplittert werde, daß die Bürger, herrenfrei an Leib und Gut, sich selbst regieren sollten, und daß ein Landfrieden herrsche ohne Fehden.

Diese staatbildende Macht der Städte war entschieden die hervorragendste Seite ihrer Bedeutung.

In volkswirthschaftlicher Beziehung erhob sich in den Städten das bürgerliche Gewerbe und schuf einen Besitz und Werth, der blos in Geld und beweglichem Gute bestand und jetzt einen neuen Faktor bildete neben dem bisher allein geltenden Grundbesitze. Eine Folge davon war u. a. die Ausbildung des Vertragsrechtes und die Annäherung an römische Anschauungen.

In geistiger Beziehung wurden jetzt die Städte die Träger der allgemeinen Culturbewegung. Die Wissenschaften und Künste, die Poesie und Litteratur verließen ihre umfriedeten Stätten in Klöstern und Hofburgen, versammelten sich hinter Stadtmauern und nahmen bürgerlichen Charakter an.

An all' diesen städtischen Aufgaben nahm München lebhaften Antheil. Sein sehr markirt ausgebildetes Weichbildrecht theilte es anderen bayerischen Städten mit, und eifrig verkehrte es im italienischen und Donauhandel. München hatte nach dem Falle seines Gründers das seltene Glück, daß es fortwährend bei einem Fürstenhause blieb, in welchem es Erbpolitik wurde, die Städte zu fördern und sich treu zur Seite zu halten.

Was andere Bürgerschaften sich mit den Waffen erkämpfen mußten, erhielt München als freie Gabe leicht von seinen Fürsten, und es ist nicht wenig merkwürdig, wie frühzeitig, klar und folgerichtig sich hier der damalige Städtegeist ausprägte, z. B. in den drei Bürgerkollegien, welche das stufenweise Aufsteigen der drei verschiedensten Klassen, der alten Schöffenbarfreien, der neuen Rathsgeschlechter und der Zunfthandwerker, bezeichnen - in dem Rechte, daß kein Stadtrichter ohne der Bürger Rath und Willen zu bestellen sei - in der unbeschränkten Freiheit der Bürgeraufnahme - in der Freiheit der Bürger gegen alle und jede Pfändung, wodurch sie vor Fehdeangriff geschützt wurden - ferner in einer stehenden Baubehörde - sogar in einer allgemeinen Einkommensteuer, von welcher unter allen Bewohnern des Weichbildes nur die Hofbeamten frei waren.

"Bei solcher Gunst seiner Fürsten strebte München nicht nach Unabhängigkeit, es besaß ja das Wesentliche der reichsstädtischen Freiheit. Seine Stellung ist darin eine ganz ähnliche, wie die der meisten Hansastädte." - - -

Es sei nicht unterlassen, an dieser Stelle die wahrhaft prophetischen Worte anzufügen, die Franz Löher im Jahre 1858 bei der 700 jährigen Jubelfeier Münchens am Schlusse seiner Ausführungen sprach: "Jetzt, wo im Orient die Völkerzersetzung und die europäische Herrschaft rasch um sich greifen und selbst das chinesische Reich der Starrheit aufgebrochen wird, jetzt, wo die Alpen, über deren Kette vor anderthalbhundert Jahren erst die zweite Fahrstraße entstand, sich an mehreren Stellen zugleich

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