Schon bald nach den Kreuzzügen begann die Wanderung der Mittelklassen in die Städte. Sie sahen dort die Freiheit der germanischen Landgemeinde wieder erstehen, welche auf dem offenen Lande unterging: das vor Allem trieb sie in die Städte. Denn der Lehensstaat hatte alle öffentliche Gewalt in sich aufgesogen und hatte sie zugleich vertheilt zum Familienerbe unter eine Gliederung von hohen und niederen Herren, dadurch wurden die freien Hofbesitzer nach und nach verwandelt in Schutz- und Gerichtshörige eines Erbherrn.
Solchen Looses erwehrten sich die Bewohner der Städte, stark durch Gemeingeist, Waffenübung und Reichthum. Staatskluge Fürsten aber fanden in den Bürgerschaften das Gegengewicht wider fessellose Grafen und Bannerherren, und die reichen Einkünfte aus dem steigenden Gewerbs- und Handelsverkehr, sowie die Sicherheit, Bildung und Geselligkeit in den Städten kamen dem Fürsten wie dem ganzen Lande zu gute. So geschah es, daß zur Zeit der Hohenstaufen auf allen Punkten und mit großer Schnelligkeit sich lange Häuserreihen hinter Mauern und Türmen erhoben, wo man bisher nur Adelsburgen, Klöster und hörige Dörfer sah.
Damit war zunächst ein Damm gesetzt der Zersplitterung des Landes in immer mehr unabhängige Herrschaften, bei welcher das Feudalprincip enden mußte. Jedoch noch vollständiger verzehrte sich die Feudalbildung im Schooße der Bürgerschaft.
Alle Städte standen nämlich unter dem Grafenrechte eines Herrn, und ihre Bewohner zerfielen in verschiedene Klassen Freier und Höriger, von denen jede ihre eigenen Standesrechte und Richter besaß. Nun wurde die Klasse der sogenannten Schöffenbarfreien, welche noch ihre eigene unbelastete Hufe besaßen - solche waren z. B. in München die Freimänner, Peissenberger, Püttriche, Sendlinger, Wilprechte u. s. w. - diese Grundfreien wurden der Kern, an welchen sich nach unten hin die weniger begünstigten Klassen ansetzten, und der nach obenhin wachsend alles Beschränkende abstieß. Es entstand in den Städten ein unaufhörliches Drängen und Arbeiten von unten nach oben, welches einerseits zur Folge hatte, daß die Städte sich aus der Herrschaft ihres obersten Grund- und Gerichtsherrn mehr oder minder losschälten, andererseits, daß ihre Bewohner sich verschmolzen zu einer einzigen freien und gleichberechtigten Bürgerschaft.
Charakteristisch trat auch der damaligen Gesellschaft der Stadtfrieden entgegen. Ruhige feste Inseln auf unsicherem Meere - so erschienen in jenen fehdeerfüllten Zeiten die Städte, jede als eine erweiterte, zusammenhängende Burg, deren zahlreiche Besatzung sofort streitlustig auf Mauern und Zinnen stand, wenn des Thürmers Horn einen Feind ankündigte - im Inneren aber der weiten Stadtburg herrschte beständiger Friede und streng geordneter Verkehr. Denn gleichwie wer in ein Burgthor trat, sein Schwert in der Scheide und das Hausrecht in Respect lassen mußte, oder gleichwie auf dem Markte, so lange des Königs Handschuh, das Symbol seiner bewaffneten Hand, ausgesteckt war, alle Fehde ruhte: so sollte auf dem Raume, den die Stadtmauern umschlossen, ein beständiger Burg- und Marktfrieden herrschen.
Das Weichbildrecht - denn so hieß das Ganze von alten und neuen Einrichtungen, welche in dem Weichbilde einer Bürgerschaft, dem Rundbilde ihrer Stadtflur bestanden - dies eigenthümliche städtische Recht übte einen Zauber aus, der zuletzt