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trugen und die zu erwartende Gnade überall laut verkündeten. Der Rath der Stadt München wieder sandte seine Einladungen an die Stadtvertretungen, Gerichte etc.

In München selbst wurden alle Vorkehrungen getroffen, um für die zu erwartenden Fremden Unterkunft und Obdach zu schaffen und auch der öffentlichen Sicherheit wurde wohlweislich nicht vergessen.

Die "Gnadenzeit" selbst schildert in anschaulicher Weise Forster in seinem "Gottseligen München":

"Als nun die Zeit der "Gnade" kam, eilte eine ungeheure Menschenmasse herbei, um derselben teilhaftig zu werden. Der Beichtenden war eine solche Menge, daß die Beichtbriefe immer gar bald vergriffen waren und daher "ein Melber oft um Brief gen Augspurg" laufen mußte, wo selbe gedruckt wurden. Im ersten Jahre kamen über 65000 Menschen, im zweiten 24000, im dritten 34700, so daß die Summe der in den drei Jahren herbeigeströmten Fremden sich auf 123700 belief, von welchen durch das Isarthor allein 75490 einpassierten, deren Zahl nach Kirchmeier dadurch ermittelt ward, daß der Rat unter den vier Thoren besondere Leute hatte und "wer hereinzog in die Gnad, als viel Arbes (Erbsen) legt man allweg in einen Hafen und zählt sie dann zu Nacht eigentlich ab".

Als sodann im Sommer Rechnung gepflogen ward über die Einnahmen, ergab sich nach Gulden umgerechnet ein Eingang von 9376 Gulden 72 Pfg. - Das zweite Jahr lieferte ein Erträgnis von 2083 fl. 4 Sch. 29 Pfg., das dritte von 3772 fl. 3 Sch. 19 Pfg., in Summa ertrug die Gnadenzeit für den Kirchenbau die für jene Zeit außerordentliche Summe von 15232 fl. 4 Sch.

Da nun nach der Bestimmung der Bulle ein Drittel zum Türkenkrieg nach Rom hätte geschickt werden sollen, ward der Pfarrer Dr. Hundertpfund eigens nach Rom geschickt, um von dem Papste den Erlaß dieses Abzuges zu erwirken, was ihm auch gelang."

Nunmehr rückte der Bau der Kirche schnell seinem Ende entgegen. Im Jahre 1488 waren die beiden Thürme in ihrer vollen Höhe aufgebaut, nur die so charakteristischen Kuppeln fehlten noch. Meister Jörg starb in diesem Jahre und liegt unter dem nördlichen Thurm begraben.

Nach seinem Tode blieben die Thürme längere Zeit ohne Kopfschmuck; in "Schedels Weltchronik" finden wir eine große Totalansicht von München, die die zwei mächtigen Thürme ohne Kuppeln, ganz glatt abgeschnitten zeigt.

Die heute für die Kirche so überaus charakteristischen Kuppeln (früher "welsche Hauben" genannt) dürften kaum vor 1512 aufgesetzt worden sein. Das Modell hiezu stammt von dem "Zimmermann Wilbold", der vom Rathe dafür ein Ehrengeschenk von 3 Schilling 15 Pfg. erhielt.*)

So war denn gleichzeitig mit dem Tode Meister Jörgs auch sein grandioses Meisterwerk fertig geworden - und über vierhundert Jahre schon blicken die alten und jungen Münchner in Freud und Leid nach ihren Frauenthürmen.


*) Die Vignette zu Beginn dieses Kapitels zeigt "das oberste Guckerl" in der Kuppel des südlichen Thurmes.

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