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Das sechzehnte Jahrhundert ist indessen nicht nur das Zeitalter der größten Pracht und Verschwendung gewesen, sondern auch des finstersten Aberglaubens und der lächerlichsten Hexenfurcht. Wo in ganz Europa überall die Scheiterhaufen flammten und die "Hexen" und die "Zauberer" gleichmäßig mit heiligem Eifer gebrannt, gerädert, gespießt und gehenkt wurden, da konnte München natürlich von dieser geistigen Seuche nicht verschont bleiben.

Wie anderswo baute man auch hier einen eigenen Hexenthurm, der mit dem Falkenthurm, wo sich der Kriminalarrest befand, in Verbindung gebracht wurde.

Ein nicht uninteressanter Bewohner dieses Hexenthurmes war der Italiener Marco Antonio Bragadino, der ursprünglich Geistlicher gewesen, dann später in einem Kloster eifrig Chemie getrieben hatte, um endlich diese Kenntnisse im Geiste der damaligen Zeit zu allerhand alchymistischen Schwindeleien zu benützen. Herzog Wilhelm V., der bei seiner großen Prachtliebe und Baulust beständig in Geldverlegenheiten steckte, hätte eines solchen Geldmachers natürlich sehr nothwendig bedurft. Bragadino, der diese Verhältnisse sehr gut kannte, verstand es, sich an den Herzog heranzumachen und unter dem Vorgehen, er könne aus Blei Gold machen, wenn er die nöthigen, allerdings theueren Ingredienzien sich verschaffen könne, schwindelte er dem Herzog bedeutende Summen ab.

Im Jahre 1590 hatte ihn der Herzog nach München kommen lassen, wo Bragadino in großartiger Weise, begleitet von sechsunddreißig Dienern einritt. Ein Jahr lang lebte er dann von dem Gelde des Herzogs herrlich und in Freuden, bis dieser mißtrauisch geworden war und den "Zauberer" in den Hexenthurm bringen ließ; dort unterzog man ihn einem peinlichen Verhör mit energischer Folteranwendung, und da gestand er denn seine Schwindeleien sofort zu. Daraufhin erfolgte seine Verurtheilung zum Tode. Die Hinrichtung fand am 26. April 1591 am Marienplatz durch den Scharfrichter von Landshut statt. Gleichzeitig mit ihm wurden auch seine zwei großen schwarzen Hunde zum Tode geführt und unter dem Galgen mit großen Büchsen erschossen, weil man befürchtete, daß in ihren Leibern sich Höllengeister verborgen hielten.

Mag man das Urtheil gegen diesen "Zauberer" nach heutigen Begriffen auch zu hart finden, aber jedenfalls hatte dieser Schwindler doch noch zu Recht Strafe erlitten; anders stehen aber die Sachen bei verschiedenen anderen Hexenprozessen, die von allen Gräueln dieser traurigen Hinschlächtereien begleitet waren. In demselben Jahre, da Bragadino nach München kam, fand eben ein großer Hexenprozeß gegen drei Münchner Bürgerinnen statt. Das "Malefizbuch" vom Jahre 1590, worin die Protokolle über die Aussagen der auf die Folter Gespannten enthalten sind, ist noch vorhanden.

Diese Schriftstücke mögen hier wörtlich wiedergegeben sein:

"Regina Lutzin, Schneiderin, Anna Anbacher, Melberin, Regina Pollinger, alle drei Wittwen und Mitbürgerinnen allhier, sammt Brigitta Anbacher, noch ledigen Standes, beharrliche Aussag 1590.

Regina Lutzin, Schneiderin, hat unter anderm bekennt, wie daß sie sich ungefähr vor 30 Jahren dem bösen Feind ergeben. Derselbe sei in Gestalt eines Jünglinges in einem gelben Kleid, einer mittleren Mannes Länge, zu Nachts in ihrer

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