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der Zunftmeister und der Obmeister den Freibrief und händigte selben den neuen Gesellen aus. Hierauf wurde, nachdem sie die üblichen Legegelder zahlten, die Lade geschlossen. Der zweite, weniger zarte Akt spielte auf der Zunftherberge, wohin sich Gesellen und die Freigesprochenen zum Trunke begaben. Die Neulinge mußten sich, bevor sie aus dem Becher trinken durften, der Taufe unterwerfen. Da mußten sie sich auf den Bauch legen, den Oberkörper entkleiden, wonach ihnen der Rücken mit einer Stachelbürste abgerieben wurde; hienach wurde die Procedur mit einem Hobel wiederholt und gleichsam die unliebsamen Falten geglättet. Dasselbe wurde auch auf der Brust producirt. Und um die Reinigung zu vollenden, schüttet man einen Kübel Wasser über den Körper. Wie es heißt, hatten die derben Fäuste ein besonderes Vergnügen, den Dichter zu bearbeiten, auf welchen sie wegen seiner soliden Arbeit sowie des Meistergesanges halber besonders begierd waren."

Nach der Lehrzeit tritt der Junge in den Gesellenstand ein und muß sich von ihnen zum Gesellen sprechen lassen, vorher machen sie keine Gemeinschaft mit ihm; darf mit keinem Gesellen duzen, sich des Gesellenzeichens nicht bedienen und wird durch den Namen eines Jungers, Lohners, Mittlers von gemachten Gesellen unterschieden. Dabei spielen die seltsamen Gebräuche: "das Predigen, Hobln", die mit unnöthigen Kosten verbunden sind.

"Die Gesellen haben eine eigene Lade oder "Büchs", die in der Herberge aufbewahrt wird und gemachte Gesellen werden in das Gesellenbuch eingeschrieben und halten zu gewissen Zeiten eigene Zusammenkünfte,*) die man Auflage oder Gebot nennt."

"Wenn ein Gesell an einem Ort, wo er nicht vorher schon verbürgert ist, sein Handwerk auf eigene Rechnung treiben will, so muß er vor allen Dingen das Bürgerrecht gewinnen. Darnach meldet man sich bei den Handwerksvorstehern um das Meisterrecht; eheliche Geburt, Lehrzeitbrief waren von der Zunft vorgeschrieben. Wanderjahre 2, 4 und 6 Jahre und Sitzjahre**) (Dispensationen wurden von Landesherren für alle diese Fälle in den meisten Ländern ertheilt), dieß waren die Erfordernisse, daß man gemachter Geselle sei.

Meisterstücke waren in Gegenwart des Kerzenmeisters auf der Herberge zu fertigen oder auch zu Haus, wo die Meister controliren konnten. Von der Zeit an, da einem das Meisterstück aufgegeben worden ist, heißt man ein Stuckgesell oder Stuckmeister. Stuckhalter heißt der, welcher ihm mit Vorwissen des Kerzenmeisters Handreichung thut. Beurtheilt es der Kerzenmeister und Obmann, und wird ein Hauptfehler gefunden, so wird es dem Gesellen abgeschlagen und er muß länger gesellenweis arbeiten oder wandern, das dritte Mal wird er ganz abgewiesen oder darf nur ohne Jungen und Gesellen das Handwerk betreiben. Kleinere Fehler werden mit Ladenstrafen gebüßt.


*) In der Herberge an bestimmtem Tag zur Verhütung aller besorglichen Unordnungen müssen den Auflagen 1-2 Kerzen- oder vom Handwerk verordnete Meister beiwohnen, die eigentlichen Vorsteher der Gesellen bestehen in 1 oder 2 Alt- oder Irden-Gesellen. Dieser hält unter der ganzen Gesellschaft Umfrag, fordert das Auflegegeld ein, fremde Gesellen mußten sich durch Taufschein und Lehrbrief ausweisen. Vor der Aufnahme ruft der Altgesell sämmtliche anwesenden Kameraden dreimal auf, das Nöthige vorzubringen, damit wird die Verhandlung geschlossen. Die Streitfragen unter sich werden durch Stimmenmehrheit ausgeglichen.

**) Mutjahr vor der Fertigung des Meisterstücks eine nach dem Artikel bestimmte Zeit, in dem Ort, wo man Meister werden will, in der von Vorstehern angewiesenen Werkstatt zu arbeiten.

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