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Bevor der chronologischen Reihenfolge des Entstehens nach die anderen Münchner Blätter verzeichnet werden, muß eines Blattes gedacht werden, das zwar erst seit zwanzig Jahren innerhalb der Mauern Münchens gedruckt wird, aber alle anderen doch an Alter und ehrwürdiger Tradition übertrifft, es ist dies die "Allgemeine Zeitung".

Schon der Name des Gründers Joh. Fried. Cotta ist ja auf das Innigste verknüpft mit der klassischen Epoche unserer deutschen Literatur - war er doch nicht nur der Verleger, sondern auch der Freund der meisten deutschen Klassiker.

Johann Friedrich v. Cotta.

Diesem hellen Geiste war es um die Wende des 18. Jahrhunderts klar geworden, daß die bestehenden Preßorgane in deutschen Landen alle nicht ihrer hohen Aufgabe bewußt, geschweige denn gewachsen waren.

Seine feste Überzeugung war, daß "mit teutschem Fleiß, teutscher Gerechtigkeit gegen das Ausland und teutscher Achtung für das Publikum, mit etwas britischer Freimüthigkeit tingirt", weit Besseres geschaffen werden könne, als Alles, was die in- und ausländischen Blätter den Lesern bisher geboten hatten.*) Er plante daher die Begründung eines Preßorgans, das im Stande wäre, die Weltereignisse, gleichviel wo ihr Schauplatz lag, "in leidenschaftsloser, wohlunterrichteter und kongenialer Berichterstattung zu begleiten, Weltgeschichte des Tages in zuverlässigen Urkunden und Regesten niederzuschreiben und das Amt des Chors in der griechischen Tragödie zu versehen". Mit der Leitung dieser Zeitung aber, die im besten Sinne des Wortes eine allgemeine sein sollte, gedachte er keinen Geringeren zu betrauen, als Schiller. Schiller lehnte jedoch ab, da er weder seine Professur in Jena aufgeben, noch in seinem freien dichterischen Schaffen gehemmt sein mochte. Der andere der Weimarer Dichterdioskuren, Goethe, ist dem Blatte nicht nur ein wohlgeneigter Leser und Gönner, sondern auch ein fleißiger Mitarbeiter gewesen. "Goethes lebhafte Antheilnahme" - schrieb Schiller an Cotta - "muß Sie sehr erfreuen; diese Ehre ist noch keiner Zeitung von ihm widerfahren."

Durch die Absage seines Freundes in Jena ließ J. Fr. Cotta sich an der beharrlichen Verfolgung seines Planes nicht hindern. Er wandte sich nun an Dr. Ernst Ludwig Posselt, der durch einige geschichtsphilosophische Arbeiten seine Aufmerksamkeit erregt hatte und nun auf seine Ideen bereitwillig einging. Am 31. Oktober 1797 wurde ein von Cotta und Posselt unterzeichneter Prospekt veröffentlicht, der urbi et orbi ankündigte, daß vom 1. Januar 1798 an in Tübingen, dem damaligen Sitze der J. G. Cotta'schen Verlagsbuchhandlung, eine neue Tageszeitung erscheinen werde, die ihre Spalten nicht mit allerlei Kleinkram füllen und höfische Etikettefragen


*) Wir folgen in diesen Ausführungen hauptsächlich der überaus klaren und formvollendeten Darstellung der Geschichte dieses Weltblattes, die Chefredakteur Hans Tournier in der Festschrift anläßlich der Übersiedlung der "Allg. Ztg." in ihr neues Heim an der Bayerstraße gegeben hat.

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